R. Metz: Trend, Zyklus und Zufall

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Titel
Trend, Zyklus und Zufall. Bestimmungsgründe und Verlaufsformen langfristiger Wachstumsschwankungen


Autor(en)
Metz, Rainer
Reihe
Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte 165
Erschienen
Wiesbaden 2002: Franz Steiner Verlag
Anzahl Seiten
533 S., zahlreiche Tabellen und Graphiken
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Ulf Wendler

Gibt es Kuznets- und Kondratieff-Zyklen? Seitdem die Existenz dieser langfristigen Wachstumsschwankungen behauptet wurde, bewegt diese Frage Wirtschaftshistoriker und Ökonomen. Unbestritten ist, dass die mathematischen Verfahren, die Kondratieff und Kuznets anwandten, nach heutigen Massstäben unzureichend sind. Die Schwierigkeit liegt darin, innerhalb einer wirtschaftlichen Zeitreihe zwischen Trend und Nicht-Trend bzw. Wachstums- und Konjunkturkomponente zu unterscheiden. Die für die Unterscheidung eingesetzten mathematischen Filter bergen die Gefahr, Ergebnisse zu erzeugen, welche die reale Wirtschaftsentwicklung verfälscht darstellen.

In den letzten Jahren und Jahrzehnten fanden stochastische Trendmodelle Eingang in die Ökonometrie. Diese mathematischen Verfahren berücksichtigen den Zufall als wichtige Komponente der ökonomischen Entwicklung. Rainer Metz unternimmt in seiner St. Galler Habilitationsschrift den Versuch, die Tragfähigkeit stochastischer Trendmodelle am Beispiel der langfristigen Wachstumsschwankungen (Kondratieff- und Kuznetszyklen) beim deutschen Bruttoinlandsprodukt zwischen 1850 und 1990 zu untersuchen, und die Methoden sowie ihre Implikationen anschaulich darzustellen.

Die Untersuchung gliedert sich in fünf Kapitel. Im ersten Abschnitt stellt der Autor die verschiedenen Erklärungshypothesen langfristiger Wachstumsschwankungen vor. Im zweiten Kapitel erläutert er, wie die Existenz stochastischer Trends in einer Zeitreihe mit Hilfe von Einheitswurzeltests nachgewiesen werden kann. Die Schätzung stochastischer Trends bildet den Schwerpunkt des dritten Abschnittes. Die verschiedenen zur Verfügung stehenden Verfahren (ARIMA-Modelle und strukturelle Zeitreihenmodelle) führen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Bestimmung von Trend- und Konjunkturkomponenten. Dabei lässt sich nicht entscheiden, welche Verfahrensweise den Vorzug verdient. Im letzten Hauptkapitel beschäftigt sich Metz mit dem Nachweis stochastischer Trends in langen Zeitreihen. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass der Zufall eine grosse Rolle spielt, so dass bei der Analyse von Zeitreihen stochastische Trendmodelle neben deterministischen Modellen unverzichtbar sind. Aber auch mit stochastischen Trendmodellen lässt sich die Existenz von Kondratieff- und Kuznetszyklen weder beweisen noch widerlegen, denn die «Identifikation stochastischer Trends basiert offensichtlich auf Bedingungen, deren Gültigkeit sich nicht feststellen lässt» (S. 380, 409). Entsprechend lautet das Fazit von Metz: «Unsere Ausführungen haben gezeigt, dass sich die Vorstellung, der datenerzeugende Prozess liesse sich allein aufgrund vorliegender Zeitreihen bestimmen, als falsch erwiesen hat. Damit ist es weder möglich, aufgrund der Daten eine Entscheidung über konkurrierende formal-statistische Modelle zu treffen, noch erlauben solche Modelle Aussagen über Kausaltheorien» (S. 411).

Die anregende Arbeit von Rainer Metz erläutert und diskutiert stochastische Trendmodelle so anschaulich, dass auch Nicht-Mathematikern die Verfahren und ihre (beschränkte) Aussagekraft nachvollziehen können. Er nimmt dabei seinen Lesern die Illusion, dass nach dem heutigen Wissensstand die grundsätzliche Frage nach der Existenz langer Wellen mit statistischen Methoden gelöst werden könnte.

Zitierweise:
Ulf Wendler: Rezension zu: Rainer Metz: Trend, Zyklus und Zufall. Bestimmungsgründe und Verlaufsformen langfristiger Wachstumsschwankungen. Wiesbaden, Franz Steiner Verlag, 2002. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 54 Nr. 1, 2004, S. 114.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 54 Nr. 1, 2004, S. 114.

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